Haushaltsrede 2025 der FDP Fraktion
Nina Schilling, Fraktionsvorsitzende
Nina Schilling, Fraktionsvorsitzende
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger Wedels,
wir stehen heute vor einer ernsten finanziellen Herausforderung. Nach der Vorlage dieses desaströsen Haushalts und den nervenaufreibenden Beratungen der vergangenen Wochen muss uns allen klar sein: Wir brauchen keine Beschönigungen, kein Wegsehen und schon gar keine parteipolitischen Spielchen.
Realität statt Wahlkampf: Als ich diese Rede zu schreiben begann, steckten wir noch mitten im Wahlkampf. Nun ist dieser endlich vorbei, und wir haben die Chance, die dringend notwendigen Sparmaßnahmen ernsthaft zu prüfen. Ob diese letztlich tatsächlich die angestrebten 9 Millionen Euro Einsparungen bis 2028 bringen, bleibt abzuwarten. Zweifel bestehen nicht nur hinsichtlich des politischen Willens, sondern auch bei der Realität der prognostizierten Einsparungen.
Ein Haushalt in der Krise: Der Haushaltsentwurf 2025 zeigt ein Defizit von rund 16 Millionen Euro. Hinzu kommen Kassenkredite in Höhe von 24 Millionen Euro. Anders als andere Kommunen hat Wedel nicht nur keine Rücklagen gebildet, sondern auch das Eigenkapital massiv aufgebraucht. Bis 2028 wird unsere Stadt mit 134 Millionen Euro verschuldet sein. Das bedeutet eine Schuldenlast von 3.890 Euro pro Einwohner. Wenn wir nicht endlich gegensteuern.
Dieses Problem ist nicht neu. Trotz wiederholter Mahnungen und Ankündigungen von Konsolidierungsmaßnahmen haben wechselnde Mehrheitsverhältnisse dazu geführt, dass nie ernsthaft gespart wurde. Der seit Jahren anhaltende Unwille die Ausgabenseite der Stadt zu reduzieren ist jedoch nicht der alleinige Grund. Nicht nur die Ausgabenseite ist das Problem, auch die Einnahmen brechen weg.
Sinkende Einnahmen und steigende Kosten: Für 2025 werden nur noch 19 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen erwartet – ein Rückgang von 4,6 Millionen Euro. Gleichzeitig steigen die Kosten rasant:
Verantwortung statt Wunschdenken: Wir müssen uns von der Praxis verabschieden, neue Ausgaben zu schaffen, ohne die Einnahmen realistisch im Blick zu behalten.
Alle freiwilligen Leistungen der Stadt müssen auf den Prüfstand. Das bedeutet nicht, dass wir die Stadtbücherei oder die Villa schließen. Aber wir müssen Doppelstrukturen abbauen und Angebote anpassen. Es ist unverantwortlich, Einsparprüfungen reflexartig abzulehnen, während keine realistischen Alternativen präsentiert werden. Wir entscheiden hier über die Steuergelder unserer Bürgerinnen und Bürger, nicht über unser eigenes Geld!
Die Gefahr von Denkverboten: Wenn wir nicht selbst handeln, werden übergeordnete Behörden in Kiel über unsere Stadt entscheiden – ohne Rücksicht auf soziale oder kulturelle Bedürfnisse. Wer nach der Kommunalaufsicht ruft, sollte sich darüber im Klaren sein: Dann werden nicht alternative Lösungen gefunden, sondern es wird abgelehnt bzw. schlichtweg gestrichen. Dies auch per Dekret, eine Unterstützung in Form von Beratern oder Experten wird es nicht geben. Der einzige „Vorteil“ wäre, dass die „Schuld“ dann auf Kiel abgewälzt werden könnte. Ein solches Szenario würde uns jeglichen Spielraum für unser Wedel nehmen und ein emotionsloser Blick auf nackte Zahlen wäre dann Programm.
Wedel braucht einen Kurswechsel: Die Haushaltslage ist nicht nur angespannt, sie ist katastrophal. Ein Unternehmen würde in dieser Situation Insolvenz anmelden. Ein Privathaushalt selbiges oder drastisch sparen. Und genau das müssen wir jetzt auch tun!
Wedel hat, auch bei geringerem Gewerbesteuereinkommen, kein Einnahmenproblem – wir haben ein massives Ausgabenproblem.
Es reicht nicht, in den sozialen Medien die Wichtigkeit von Einrichtungen wie VHS, Stadtbücherei oder Musikschule zu betonen. Das steht auch für uns außer Frage. Alle Wedeler Einrichtungen, Vereine und Verbände leisten wertvolle Arbeit, zum großen Teil auch ehrenamtlich. Dafür gilt ihnen unser größter Dank. Aber wir müssen realistisch sein: Wir können uns dieses breite Angebot nicht mehr leisten.
Dazu gehört dann eben auch das kritische Hinterfragen der sogenannten „Add-ons“ für die Wedeler Kitas. Müssen es Wickellandschaften, Garderoben und Spielgeräte für zehntausende Euro sein? Geht es nicht auch bescheidener in der Ausstattung?
Ebenso – und das darf nicht falsch verstanden werden – muss Wedel eine Schulkindbetreuung anbieten, zu prüfen ist allerdings das „wie“ und zu welchem Preis. Hier müssen wir zudem noch abwarten, welche Standards das Land vorgeben wird und in welcher Höhe eine Kostenbeteiligung erfolgen wird. 75% von was?
Würden wir alle freiwilligen Leistungen streichen, wäre der Haushalt mit aufgerundet 10 Millionen Euro im Plus. Das zeigt das wahre Problem.
Unsere Prioritäten, die wir zur Kommunalwahl in unserem Programm formulierten, haben sich nicht geändert:
mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger einen möglichst großen Mehrwert für Viele schaffen und keine teuren Insellösungen für Wenige.
Dazu gehören für uns:
Wedel muss attraktiver für Unternehmen werden – nicht abschreckender. Wir können es uns nicht leisten, weitere Jahre ungenutzte Gewerbeflächen brachliegen zu lassen. In einer Stadt wie Wedel, die mit Wettbewerb im Umland (z.B. mit Autobahnanschluss) konfrontiert ist, können wir uns keine weitere Unsicherheit leisten. Ohne verlässliche Gewerbesteuereinnahmen bedeutet das weniger finanziellen Spielraum, welcher dringend für Investitionen in die Infrastruktur (wie unsere Schulen, Sporthallen, Straßen, Fuß- und Radwege) und damit die Verbesserung der Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger benötigt wird.
Eine nochmalige Erhöhung der Grundsteuer würde alle Einwohnenden, Eigentümer und Mietende, über Gebühr belasten.
Sollte es im Laufe der politischen Diskussionen dazu kommen, dass die Badebucht nur mit Erhöhung der Grundsteuer zu finanzieren ist, streben wir einen Bürgerentscheid/Bürgerbefragung an, ob dies von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gewünscht wird.
Auch die Politik muss sparen: Symbolik allein löst keine Finanzkrise, aber auch wir sollten vorangehen:
Die FDP-Fraktion verzichtet deshalb auch in 2025 auf ihr zustehendes Fraktionsbudget.
Unser Abstimmverhalten:
Die größten Kostenfaktoren im Haushalt sind:
Eine Bitte vorab: Bitte verzeihen Sie, wenn ich im Gewirr der zahlreichen, unterschiedlichen, nachgereichten Vorlagen seit Herbst 2024 eventuell nicht die jeweils aktuellste Zahl erwischt habe. An den grundsätzlichen Aussagen ändert dies am Ende leider nichts.
Einsparungen in Bildung und Freizeit sind vorgesehen, wie im Haushaltsbegleitbeschluss zu finden – aber betriebsbedingte Kündigungen wurden ausgeschlossen. Gleichzeitig steigen die Personalkosten weiter um rund 400.000 Euro. Immerhin hat die Verwaltung seit der ersten Vorlage aus Oktober 2024 selbst einige Streichungen von Stellenneueinwerbungen vorgenommen, denn damals war noch eine Ausweitung von über 600.000 € geplant.
Aber auch diese reduzierte Ausweitung können wir nicht nachvollziehen. Wir können der Wedeler Bevölkerung kaum erklären, dass wir in allen Bereichen – besonders aber im Bildungs- und Freizeitbereich sparen wollen, aber den größten Ausgabeposten Personal weitestgehend ausschließen.
Der Landesrechnungshof hat bereits 2021 darauf hingewiesen, dass Wedel einen überdurchschnittlichen Personalstand hat. Dennoch gibt es weiterhin Überlastungsanzeigen der Mitarbeitenden der Verwaltung und Kündigungsandrohungen, angesichts derer die Bürgermeisterin Personalreduktionen natürlich vermeiden möchte. Es benötigt politischen Willen, an einer sinnvollen Reduzierung der Personalkosten aktiv mitzuwirken.
Auch mit den zahlreichen Anpassungen, ob im Begleitbeschluss oder im Stellenplan, genügen diese in unseren Augen immer noch nicht und sind auch nicht realistisch. Wir als FDP sind der Überzeugung, dass es dringend notwendig ist, die Konsolidierung voranzutreiben. Nur durch eine nachhaltige Reduzierung der Ausgaben und eine kritische Überprüfung der Verwaltung können wir verhindern, dass die kommenden Generationen für die Fehlentscheidungen von heute aufkommen müssen. Nehmen wir uns kein Beispiel am Bund!
Wir stimmen daher dem Haushaltsbegleitbeschluss zu, unter der Voraussetzung, dass zeitnah das weitere Procedere besprochen und die Anträge und Anmerkungen von Anfang an einbezogen werden. Die Haushaltssatzung 2025 mit einem Defizit von 16 Millionen Euro und den Stellenplan mit neu eingeworbenen Stellen in Summe von rund 400.000 Euro lehnen wir jedoch ab!
Ein Wort zu den Kassenkrediten: Kassenkredite sind vergleichbar mit einem Dispokredit. Wedel hat aktuell 24 Millionen Euro an Kassenkrediten und kann diese, seit der Haushaltssatzung 2022, noch bis auf den Höchstbetrag von 55 Millionen Euro erhöhen. Laut der heute zu verabschieden Haushaltssatzung 2025 wird der Höchstbetrag der Kassenkredite auf 60 Millionen Euro erhöht.
Zum Vergleich die Höchstbeträge anderer Städte und des Kreis Pinnebergs:
Empfohlen werden für eine Stadt wie Wedel maximal 25 Millionen Euro, also etwa 20% der im Ergebnishaushalt veranschlagten ordentlichen Aufwendungen. In unserer Haushaltssatzung 2025 wird jedoch bereits prognostiziert, dass die Höchstsumme bis 2028 fast ausgeschöpft werden müsse, sollte nicht stark gegengesteuert werden. Mit den Investitionskrediten, die Wedel in dreistelliger Millionenhöhe aufgenommen hat, kämen wir auf Zinszahlungen von jährlich 7 Millionen Euro.
Zudem stellen Kassenkredite laut Erlass des Innenministeriums keine Finanzierungsmittel dar, auch nicht mittelfristig!
Wir werden daher keiner Haushaltssatzung zustimmen, die Kassenkredite über 30 Millionen Euro vorsieht. Wir erwarten von der Verwaltung einen Plan zur Umschuldung in langfristige, zinsgünstigere Kredite, auch wenn diese in Wedel bereits ein Ausmaß angenommen haben, welches größte Sorgen bereitet.
Unsere finanzielle Zukunft liegt in unserer Hand. Lassen Sie uns gemeinsam verantwortungsbewusst handeln und die langfristige Zukunft der Stadt Wedel im Blick behalten – nicht nur für uns, sondern insbesondere für kommende Generationen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.